KI einführen – Auf den Menschen kommt es an

Gute Übersetzungen mittels Software – geht das? Sicher kennen einige von Ihnen DeepL und nutzen es auch bereits. Ich war begeistert, als ich die ersten Texte mit DeepL übersetzen konnte. Endlich einmal ein brauchbarer Satzbau und Formulierungen, die nur noch wenig Feinschliff benötigen. Das Programm setzt auf neuronale Netze und Künstliche Intelligenz (KI). DeepL lernt also mit jedem eingereichten Text und je größer die verarbeitete Datenmenge, desto besser werden die Übersetzungen.

DeepL ist nur ein Beispiel, wie KI in unser Arbeitsleben – und nicht nur dort – Einzug hält. Vision Picking mit Datenbrillen in der Logistik, Virtual Reality im Servicebereich, um Maschinen und Anlagen aus der Ferne zu warten oder zu reparieren sind weitere Beispiele wie Künstliche Intelligenz und Augmented Reality unsere Arbeitsweisen verändern. Daneben kommen auch in immer mehr Bereichen Cobots zum Einsatz (collaborative robots), die Menschen von eintönigen oder körperlich belastenden Aufgaben befreien sollen.

Keine Frage, solche Systeme können helfen, produktiver zu werden. Immer wieder höre ich in meinen Trainings Aussagen von Mitarbeitenden und auch Führungskräften: „So ganz vertraue ich dem nicht“, „Am Ende bin ich überflüssig und habe keine Arbeit mehr oder „Ich setze auf meine Erfahrung und nutze den neumodischen Kram gar nicht erst“.

Wie so oft, wenn Veränderungen anstehen, geht es weniger um die technische Umsetzung, sondern um die betroffenen Menschen.

Diverse Studien zeigen, dass viele Menschen die Zusammenarbeit mit Algorithmen kritisch sehen und nicht wenige diese sogar sabotieren. Forscher der University of Cambridge konnten belegen, dass je ähnlicher beispielsweise Chatbots sind, desto eher werden Beleidigungen geäußert. Alain Cohn von der Universität in Michigan ließ Probanden in einem Experiment eine Münze werfen und das Ergebnis entweder einem Menschen oder Chatbot mitteilen. Gegenüber dem Chatbot machten 22 Prozent eine falsche Angabe und gegenüber einem Menschen lediglich 9 Prozent. Cohn erklärt das mit der menschlichen Angst vor Reputationsverlust. Ist mein Gegenüber künstlicher Natur, scheint diese Angst zu entfallen.

Kai Hoberg, Professor an der Kühne Logistics University formuliert es so: „Damit das Zusammenspiel funktioniert, ist vor allem wichtig, dass der Mensch versteht, warum KI einen bestimmten Vorschlag ermittelt. Dies ist zentral, damit Menschen Algorithmen nicht als Blackbox wahrnehmen.“ Sonst sagt eben ein Servicetechniker schnell, dass er doch zig Jahre Erfahrung habe, jede einzelne Maschine im Detail kenne und keine Unterstützung durch Kollege KI brauche. Das wäre jedoch reine Selbsttäuschung, wertet KI heute bei komplexen Maschinen schnell bis zu 10 000 Zustandsmeldungen und Daten am Tag aus.

Ein weiteres Puzzlestück bei der Einführung von KI ist die intuitive Bedienbarkeit und Lesbarkeit von Berichten. Zudem sollten Anwender von KI diese selbst konfigurieren können. Wer Einfluss nehmen kann, vertraut auch eher neuen Systemen. Tiefeninterviews von Wissenschaftlern der RWTH Aachen haben gezeigt, dass Menschen nach Kontrolle streben und sich nicht einer Technologie unterlegen fühlen wollen. Je mehr sie sich durch KI bedroht fühlen, desto weniger wollen sie kooperieren. Es kann also sinnvoll sein, die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine stufenweise zu entwickeln und am Anfang bewusst auf technische Möglichkeiten von KI oder Robotern zu verzichten. Dem Menschen sollte Zeit gegeben werden, sich an die neuen Möglichkeiten zu gewöhnen.

Bei Bomag (WirtschaftsWoche 32, 5.8.2022) hat man die Erfahrung gemacht, dass gerade erfahrene Servicetechniker zuerst unter die Motorhaube einer Straßenwalze schauen anstatt sich mit der Meldung ihrer Service-App zu beschäftigen. Die Lösung: Ein Anreizsystem vergibt Punkte für jede Nutzung der App und ab einer gewissen Punktzahl bekommt man den Titel „Master Technician“ verliehen.

Auf den Punkt gebracht:

  • Klare Kommunikation: Die Mitarbeitenden sollen verstehen, dass ein Bot sie unterstützt und nicht ersetzt.
  • Mitarbeitende beteiligen: Mitarbeitende sollen einen Bot oder App selbst konfigurieren und Einstellungen vornehmen können. Was ich kontrolliere, dem vertraue ich.
  • KI schrittweise einführen: Mitarbeitende an die neuen technischen Möglichkeiten nach Möglichkeit schrittweise heranführen und auch einmal auf bestimmte Funktionen zunächst verzichten.
  • Erklären: Mitarbeitende sollen verstehen, wie ein Algorithmus funktioniert und wie dieser zu bestimmten Werten bzw. Aussagen gelangt.
  • Nutzen erkennen: Mitarbeitende sollen verstehen, was ihnen der Einsatz einer KI bringt.
  • Für UX und den Apple-Effekt sorgen: Mitarbeitende sollen schnell und intuitiv mit der neuen Technologie zusammenarbeiten können.
  • Gamification: Belohnen Sie den Einsatz der neuen Technologie.

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