Seit einigen Jahren darf ich Unternehmen durch Design Thinking dabei unterstützen, kreative Lösungen zu entwickeln. Immer wieder fragen mich TeilnehmerInnen, ob Innovationen planbar sind. Leider muss ich dies, auch wenn andere Autoren manchmal anderes suggerieren, verneinen. Dies ist schon allein der Tatsache geschuldet, dass wir Menschen dazu neigen, die Welt aus unserer eigenen Erfahrungsperspektive zu betrachten.
Die meisten Menschen befinden sich in ihrem Erfahrungsgefängnis und haben den Schlüssel dazu schon vor Jahren weggeworfen. Kreative Innovationen entstehen so zumeist nicht.
Die Prinzen aus Serendip: Zufall, Scharfsinn, Glück und Weisheit
Kennen Sie das? Sie suchen nach etwas und finden etwas anderes, was Ihnen noch viel nützlicher und wichtiger erscheint. Viele Innovationen und Erfindungen sind dem Zufall geschuldet. Denken Sie z.B. an die Entdeckung Amerikas, das Penicilin, Viagra oder die Röntgenstrahlen.
Doch der Zufall begünstigt nur einen vorbereiteten Geist, so der französische Chemiker und Biologe Louis Pasteuer (1822-1895). Wir arbeiten an einer Sache und entdecken spontan etwas Neues, nach dem wir gar nicht gesucht haben. Es geht uns also wie den Prinzen aus Serendip. In dem alten persischen Märchen „Die drei Prinzen aus Serendip“ (Serendip ist ein alter, aus dem arabischen stammender Name für das heutige Sri Lanka) finden die drei Königskinder durch eine Kombination von Zufall, Scharfsinn, Glück und Weisheit Dinge, die sie eigentlich gar nicht gesucht haben – die aber ziemlich nützlich sind. Der englische Schriftsteller Horace Walpone verwendete im Jahr 1754 erstmals den Begriff Serendipity, den man, vielleicht mit Finderglück gepaart mit Spürsinn und Glück des Tüchtigen übersetzen könnte.
Wer sich für die ganze Geschichte der Prinzen von Serendip interessiert findet sie hier: http://waldworte.eu/2017/11/04/sonntagsmomente-die-drei-prinzen-von-serendip-oder-vom-glueck-der-unerwarteten-augenblicke/
Innovationen sind nicht planbar,
doch kann man der Kreativität auf die Sprünge helfen.
Dennoch müssen wir nicht darauf warten, dass uns die Muse küsst und wir kreative Ideen per Zufall entwickeln. Wir können unserer Kreativität auf die Sprünge helfen. Dies lehrt uns auch ein ganz großer Meister der kreativen Innovation: Thomas Alva Edison. Der US-amerikanische Erfinder Edison hat nicht nur den Kinetoskopen, die Glühlampe und den Elektrischen Stuhl erfunden, sondern noch vieles andere mehr.
Wie ist das möglich, wenn Erfinderglück oft vom Zufall und von ungeplanten Begegnungen abhängen?
Edison würde es vermutlich so beantworten:
Ich bin ein guter Schwamm, ich sauge Ideen auf und mache sie nutzbar. Die meisten meiner Ideen gehörten ursprünglich Leuten, die sich nicht die Mühe gemacht haben, sie weiterzuentwickeln. Und: Genialität besteht zu einem Prozent aus Inspiration und zu 99 Prozent aus Transpiration.
Edisons Kreativprinzipien
Von Edison können wir 3 Grundprinzipien lernen:
Kreativ-Prinzip 1: Ziele im Fokus
Edison hatte sich zum Ziel gesetzt, kreative Innovationen in die Welt zu bringen. Offensichtlich kannte er die SMART-Formel zur Formulierung von Zielen (Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch, Terminiert), denn sein Motto war: Eine kleinere Erfindung alle zehn Tage, eine größere Innovation alle sechs Monate.
Mein Tipp: Setzen Sie sich Ihre eigenen Kreativitätsziele und verlieren Sie diese nicht aus den Augen. Gönnen Sie sich Zeit zur Muse und planen Sie bewusst Kreativitätszeit in Ihren Tagesablauf bzw. Wochenplan mit ein. Besuchen Sie einmal in der Mittagspause ein Museum oder spazieren Sie im Frühling durch den Park. Beobachten Sie die Natur oder sprechen Sie beim Mittagessen in der Kantine einmal mit KollegInnen aus anderen Abteilungen. Inspirationsquellen gibt es viele. Bei 3M beispielsweise haben MitarbeiterInnen 10% ihrer Arbeitszeit zur freien Verfügung und können diese Zeit nutzen, um Innovationen zu entwickeln. Ergebnis: Die Post-its.
Kreativ-Prinzip 2: Es gibt kein Scheitern, nur Lernerfolge
Wann immer Edison etwas misslang, lernte er etwas daraus und wusste beim nächsten mal, was, wie und warum etwas anders zu machen sei.
Mein Tipp: Ärgern Sie sich nicht und machen Sie sich keine Vorwürfe, wenn etwas schief geht. Suchen Sie nicht nach dem Schuldigen, wenn Fehler passieren. Überlegen Sie besser zunächst, woran es lag. Hier hilft die 5-W-Technik. Dabei wird so lange mit den Fragen nach warum, wozu und wodurch der Sachverhalt hinterfragt, bis die Ursache eindeutig identifiziert und der fehlerverursachende Prozessschritt nicht mehr weiter aufteilbar ist. Wir gelangen auf diese Weise zum Pudels Kern und beschäftigen uns nicht anschließend mit Lösungen, die nur oberflächliche Abhilfe bewirken. Haben Sie die Kernursache gefunden, denken Sie darüber nach, WIE Sie zukünftig an die Sache heran gehen und suchen Sie nach Alternativen, die besser geeignet sind einen Sachverhalt zu lösen oder Fehler zu vermeiden. Dieses Brainstorming, alleine oder in der Gruppe durchgeführt, löst kreative Denkprozesse aus. Kreative Ideen kommen auf diese Weise also fast automatisch zustande.
Kreativ-Prinzip 3: Halte deine Gedanken schriftlich fest
Edison führte Zeit seines Lebens ein Forschungstagebuch. Er schrieb dort regelmäßig nieder, was er tat und was er dachte. Ebenso schrieb er auf, wie er auf welche Idee gekommen war. Er notierte, welche Gedanken miteinander gerungen hatten, wann er den roten Faden verloren hatte und was er besser weiterverfolgt hätte. Auf diese Weise konnte er seinen Kreativitätsprozess verstehen und bewusst steuern.
Mein Tipp: Was haben die kreativen Geister Hemingway und Leonardo da Vinci gemeinsam? Richtig, ihr Notizbuch. Egal, ob Sie das klassische Notizbuch aus Papier bevorzugen oder lieber digital OneNote auf Ihrem Tablet nutzen, halten Sie Ihre Ideen und Gedankengänge fest. Schauen Sie sich immer wieder einmal in einer ruhigen Minute Ihre Notizen an. Lassen Sie sich von diesen inspirieren. Wann immer ich etwas sehe, dass mich begeistert, mache ich davon mit meinem Smartphone ein Foto, speichere dies in meinem Inspirationsnotzibuch ab, welches ich in OneNote angelegt habe, und schreibe einen Kurzkommentar dazu. Wann immer ich dann eine neue Kreativaufgabe, z.B. die Konzeptionierung eines neuen Kreativworkshops, zu erledigen habe, werfe ich einen Blick dort hinein und lasse meinen Gedanken freien Lauf. Auf diesem Wege gelange ich durch Assoziationen zu neuen kreativen Ideen.
„Die Neigung des Menschen, die kleinen Dinge für wichtig zu halten,hat sehr viel Großes hervorgebracht“
Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799)